Sonntag, 28. November 2004

Traum eines Neugierigen

Connais-tu, comme moi, la douleur savoureuse
Et de toi fais-tu dire : "Oh ! l'homme singulier !"
– J'allais mourir. C'était dans mon âme amoureuse
Désir mêlé d'horreur, un mal particulier ;

Angoisse et vif espoir, sans humeur factieuse.
Plus allait se vidant le fatal sablier,
Plus ma torture était âpre et délicieuse ;
Tout mon cœur s'arrachait au monde familier.

J'étais comme l'enfant avide du spectacle,
Haïssant le rideau comme on hait un obstacle...
Enfin la vérité froide se révéla :

J'étais mort sans surprise, et la terrible aurore
M'enveloppait. – Eh quoi ! n'est-ce donc que cela ?
La toile était levée et j'attendais encore.

~~~

Kennst du wie ich den wolgeschmack der schmerzen
Und sagt man auch von dir: der sonderling!
Ich lag im tod: im liebevollen herzen
War gier und schreck gemischt · ein seltsam ding.

Nur angst und hoffnung ohne groll und klage -
Und schnell und schneller rann die schlimme uhr
Und herber köstlicher ward meine plage ·
Mein sinn enteilte dieser erden spur.

Ich war ein kind das nach dem schauspiel lüstet
Und ob des vorhangs · der verhüllt · entrüstet
Bis endlich sich die nackte wahrheit wies:

Ich war gestorben ohne staunen. Schimmer
Des grausen tags ging auf. Was · nichts als dies!
Das stück war an - ich wartete noch immer.

~~
Charles Baudelaire / Stefan George

Der Tod der Liebenden

Durch hohe Tore wird das Meer gezogen
Und goldne Wolkensäulen, wo noch säumt
Der späte Tag am hellen Himmelsbogen
Und fern hinab des Meeres Weite träumt.

»Vergiß der Traurigkeit, die sich verlor
Ins ferne Spiel der Wasser, und der Zeit
Versunkner Tage. Singt der Wind ins Ohr
Dir seine Schwermut, höre nicht sein Leid.

Laß ab von Weinen. Bei den Toten unten
Im Schattenlande werden bald wir wohnen
Und ewig schlafen in den Tiefen drunten,
In den verborgenen Städten der Dämonen.

Dort wird uns Einsamkeit die Lider schließen.
Wir hören nichts in unserer Hallen Räumen,
Die Fische nur, die durch die Fenster schießen,
Und leisen Wind in den Korallenbäumen.

Wir werden immer beieinander bleiben
Im schattenhaften Walde auf dem Grunde.
Die gleiche Woge wird uns dunkel treiben,
Und gleiche Träume trinkt der Kuß vom Munde.

Der Tod ist sanft. Und die uns niemand gab,
Er gibt uns Heimat. Und er trägt uns weich
In seinem Mantel in das dunkle Grab,
Wo viele schlafen schon im stillen Reich.«

Des Meeres Seele singt am leeren Kahn.
Er treibt davon, ein Spiel den tauben Winden
In Meeres Einsamkeit. Der Ozean
Türmt fern sich auf zu schwarzer Nacht, der Blinden.

In hohen Wogen schweift ein Kormoran
Mit grünen Fittichs dunkler Träumerei.
Darunter ziehn die Toten ihre Bahn.
Wie blasse Blumen treiben sie vorbei.

Sie sinken tief. Das Meer schließt seinen Mund
Und schillert weiß. Der Horizont nur bebt
Wie eines Adlers Flug, der von dem Sund
Ins Abendmeer die blaue Schwinge hebt.

Georg Heym

Nachrichten aus dem Zauberberg

Es lebe die Liebe! Es lebe der Tod!

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